Wildenheid

Wildenheid gehört zu den Stadtteilen, die ihre erste Nennung dem Neustadter Erbbuch von 1317 verdanken, in dem die Besitzverhältnisse beim Erwerb der „Neuen Herrschaft“ durch den Grafen Berthold von Henneberg niedergeschrieben sind.

Panoramaaufnahme des Stadtteils Wildenheid.
© Klaus Frenzel
Panoramaaufnahme des Stadtteils Wildenheid.
© Klaus Frenzel

Es heißt dort, dass die von Schaumberg den Zehnten von der „wildenheyde“ besaßen. Da diese aber Nachfolger derer von Wolveswac waren, liegt die Vermutung nahe, dass einst Hermann von Wolveswac zur Sicherung seiner Gebietsansprüche ein befestigtes Haus auf der „wilden Heide“ gebaut hatte, nachdem im Spruchbrief von 1162 bestätigt worden war, dass das Gebiet dem Kloster Banz gehörte.

Möglicherweise war es die Lage an der „Böhmenstraße“, die dazu führte, dass die Hussiten  1430 auch in Wildenheid auftauchten und die Bewohner in die Wälder fliehen mussten.

Auf dem Rittergut saßen nach den Schaumbergern die Kemmater. 1407 wurde Heinz von Kemmaten mit Wildenheid belehnt. Einige Generationen später gehörte das Gut Hans und Jakob von Kemmaten. Nach mehreren Kaufvorgängen besaß Wolf Sebastian von Bronsart 1668 das gesamte Rittergut. In der Folge hatte das Gut noch etliche Besitzer, bis es 1852 an die Herzogliche Domäne verkauft wurde. 1878 wurde es zerschlagen und die Gebäude der Gemeinde für die Schule überlassen.

1461 ließ Heinz von Kemmaten einen großen Teich bauen, der zur Fischzucht und zur Reinigung der Schafe diente. Dieser Schafteich heißt heute Waldfriedensee.

Im 16. Jahrhundert ließ die Familie Schott von Schottenstein, der eine Hälfte des Rittergutes gehörte, das obere Schloss erbauen, in dem dann die Schotten wohnten. Es brannte 1893 vollständig ab.

Schon 1516 wird eine Mühle in Wildenheid erwähnt. Auch heute noch gibt es hier eine funktionstüchtige Mühle, die allerdings, da 1962 der Mühlgraben trockengelegt wurde, mittlerweile elektrisch betrieben wird. Zeitweise wurde sie außer als Mahlmühle auch als Schneidmühle genutzt.

Im Dreißigjährigen Krieg erlebte auch Wildenheid Einquartierungen und Durchzüge. Dazu kam 1625 die Pest, die einige Menschenleben forderte. Noch im Jahre 1672 standen 14 Häuser, in denen 60 Menschen wohnten, 13 öde und wüste Hofstätten gegenüber.

Schon früh hatten die Wildenheider einen eigenen Lehrer, obwohl die Kinder seit der Reformation eigentlich vom Neustadter Kirchner hätten unterrichtet werden sollen. 1657 wird Friedrich Öttlein als Präzeptor (von der Gemeinde bezahlter Lehrer) erwähnt. Zeitenweise gingen die Wildenheider auch nach Meilschnitz in die Schule. Im 19. Jahrhundert befand sich dann die Schule für beide Gemeinden in Wildenheid. 1877 machte Meilschnitz sich selbständig. Zwei Jahre später kam die Schule in das alte Schloss. Als es an Platz für die Schüler, aber auch an Räumen für Werken und Turnen mangelte, wurde 1963 bis 1965 ein Neubau errichtet. So konnte 1969 der Schulverband Wildenheid-Haarbrücken gegründet werden.

Wildenheids Bevölkerung wuchs Ende des 19. Jahrhunderts kräftig. 1783 hatte es gerade einmal 123 Einwohner, eine Zahl, die sich bis 1867 gut verdoppelte und bis 1875 verdreifachte (364). Von 1885 (408) bis 1895 (507) kamen hundert Einwohner dazu, ebensoviele bis 1900 (593) und bis 1905 (702). Der rasche Anstieg nach 1885 lässt sich mit dem wachsenden Wohlstand nach dem Verkauf des Domänengutes, durch den die Bauern endlich genügend Grund und Boden hatten, und den industriellen Arbeiten, die in fast jedem Haus ausgeführt wurden, erklären.

Im Ersten Weltkrieg fielen 20 Wildenheider, einer wurde vermisst. 66 Gefallene und 40 Vermisste war die Bilanz des Zweiten Weltkriegs. Schon nach dem Ersten Weltkrieg ließen die Wildenheider ein Ehrenmal für ihre Gefallenen anfertigen. 1951 wurde es in den Friedhof verlegt.

Die Lage an der DDR-Grenze prägte die Wildenheider Geschichte nach 1945. So fand am 1. September 1949 ein Grenzdurchbruch zwischen Hönbach und Wildenheid statt, den eine Grenzkundgebung auf einer Wiese der Wildenheider Flur abschloss. 1952 waren die Wildenheider unter den ersten Zeugen der Massenflucht als Reaktion auf die Zwangsumsiedlung aller „politisch unzuverlässigen Personen“ im grenznahen Bereich der DDR. Und 1963 fanden Dorfbewohner einen zweieinhalbjährigen Jungen, der unverletzt durch Stacheldraht und Minen von Hönbach aus ins Schottenholz gekommen war. Er musste den langen Weg über Ludwigstadt – Probstzella für die Heimreise nehmen.

Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts hätten die Wildenheider gerne eine eigene Kirche gehabt und mit Meilschnitz eine Pfarrei gebildet. Mangels Geld mussten sie aber weiterhin den Gottesdienst in Neustadt besuchen. Als Anfang der 50er Jahre die Wooden Church Crusade Incorporation aus den USA dazu aufrief, die 48 amerikanischen Bundesstaaten sollten 48 Holzkirchen entlang der DDR-Grenze als Zeichen der Versöhnung und des Friedens finanzieren, ergriff man die Chance. 1955 konnte die „Friedenskirche“ geweiht werden. Zunächst eine Tochterkirchengemeinde der Pfarrei Neustadt, wurde Wildenheid-Meilschnitz 1961 zur selbständigen Pfarrei erhoben.

Als Wildenheid nichts anderes mehr übrig blieb, als sich den Plänen zur Eingemeindung zu beugen, schloss es sich zum 1. Mai 1978 an Neustadt an.

Zusammenstellung: Isolde Kalter